Mein Einwurf zur KI:«Sie ist, was sie isst...»

Mein Einwurf zur KI:«Sie ist, was sie isst...»
Quelle: Pixabay/Gabin_Vallet

Prompt: «Erstelle mir ein Schnelligkeitstraining.» Auf diesen Auftrag erhalte ich nur ein paar Sekunden später von ChatGPT ein Schnelligkeitstraining für 6 Wochen mit verschiedenen Zielgruppen. Es spu(c)kt eine grobe Struktur mit konkreten Sprintdistanzen, Pausenangaben und Übungen aus.

Etwas beängstigend ist das schon, denn es zeigt mir gerade in aller Deutlichkeit, wie substituierbar meine Trainerinnentätigkeit ist. Oder etwa nicht?

Liebe Leserinnen und Leser – das ist die neue Realität und wir müssen auch im Sport lernen, künstliche Intelligenz zu nutzen, mit ihr umzugehen und sie nicht als Feind zu betrachten. So unter uns, irgendwie kann ich mich mit dem frechen Programm gerade noch nicht anfreunden. Es ist nämlich ziemlich gut und entspricht dem «state of the Art» der Trainingslehre. Das alles serviert in rasantem Tempo und auch noch mit Auswahlmöglichkeiten.

Genau hier entpuppt sich meine Chance, aufzuzeigen, dass ich als Trainerin nicht überflüssig werde. Es gibt eine Auswahl- ein genügsames Lächeln entfaltet sich bei mir. Wenigstens könnte ich meine Athleten und Athletinnen noch beraten, welche Wahl sie treffen sollten und ich kann sie mental darin bestärken, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Nun, sie stellen fest, dass Künstliche Intelligenz längst Einzug im Sport gefunden hat und sich rasant weiterentwickelt; Datenmengen werden gesammelt und mit schlauen Algorithmen versetzt.

So hat kürzlich ein Baseball-Team eine KI mit Daten von über einem Jahrhundert gefüttert, um die strategisch besten Spielentscheidungen zu treffen. Die KI war fähig, die Daten in Echtzeit zu analysieren und traf bezüglich Aufstellung und Spielzüge fast die gleichen Entscheidungen wie der Headcoach des Teams. Sie trumpierte sich einzig bei einem kranken Spieler, der ausgewechselt wurde;

KI hätte diesen unbekümmert weiterspielen lassen.

Auf das Coaching des Roboters war Verlass, rein technisch gesehen. Doch die Fans liessen ihrer Entrüstung freien Lauf und monierten, dass der Einsatz von KI einem Verrat an den sportlichen Werten gleichkomme und eine Anbiederung an die als seelenlos empfundene Tech-Kultur des nahegelegenen Silicon Valley sei. Seit KI im Sport Einzug gefunden und sich etabliert hat, streiten sich die Gemüter, wie stark diese den Sport beeinflussen darf. Ist es noch sportlich, wenn in populären Teamsportarten, die von Geld und Glamour beherrscht werden, eine ausgeklügelte Software die geeigneten Spieler für das Team rekrutiert?

Gehören Sie auch zu den datengetriebenen Hobbysportler:innen, die sich auf die Trainingsempfehlungen ihrer schicken Smartwatch verlassen? Diese basieren allerdings auf mehr oder weniger zuverlässigen Messungen. Algorithmen berechnen anhand verschiedenster Daten deinen Fitnesszustand und fordern dich zu mehr oder weniger Bewegung auf. Während Leistungssportler:innen Daten zur Trainingssteuerung und zur Optimierung ihrer Leistung nutzen, beklagen Sportethiker, dass der faire Wettbewerb in die Versenkung gerät und die Finanzstärke von Verbänden über die Leistungssteigerung der Sportler:innen entscheidet. 

Foto: Raphael Moser

Wir stossen definitiv an die Grenzen der Akzeptanz innovativer technologischer Fortschritte. Fakt ist, dass wir diesen nicht verhindern können. Die soziale Akzeptanz des Einsatzes von KI scheint gerade in traditionellen Sportarten, die von Emotionen geprägt sind, zu leiden. So kann die innovativste Technologie auf Resignation stossen.

Die Fans wollen keine Roboter an der Eishockeybande, die den Coach ersetzen. Nach wie vor werden Menschen aus Fleisch und Blut bevorzugt. Menschen, die Emotionen zeigen, die nicht berechnet worden sind. Nicht die perfekte Athletin ist gewünscht, sondern die menschliche Athletin, mit der du dich annähernd identifizieren kannst. Beruhigend ist, dass auch in Zukunft (mindestens in naher Zukunft) sowohl menschliche Trainer:innen und echte Sportler:innen gefordert sind, denn im Sport geht es meist um «Machine- Learning». Maschinelles Lernen ist lediglich ein Bereich, der sich mit der Anwendung und der Entwicklung von statistischen Algorithmen beschäftigt. So bezeugt die Wissenschaft, dass die Interpretation und Gewichtung der KI-generierten Lösungen Aufgaben sind, die (noch) von Menschen geleistet werden müssen. KI ist ohne Daten nutzlos. 

Die Nahrung, respektive das Lebenselixier von KI muss von Menschenhand zur Verfügung gestellt werden. In dem Sinne bin ich beruhigt, dass ich als Trainerin nicht nutzlos werde, sondern KI selbstverständlich gezielt einsetze.

Menschen vertrauen Menschen und die starke Bindung des Vertrauens gehört wohl zur Menschlichkeit.

Um den Bogen zum empfohlenen Sprinttraining von ChatGPT zu spannen- tatsächlich ist es ziemlich gut aber ich würde anders planen. Meine Erfahrungen zeigen mir, dass die Pausen zu kurz wären und zudem unterscheidet KI beispielsweise nicht zwischen Antrittschnelligkeit und allgemeiner Schnelligkeit.

Beim genauen Hinsehen, findet man Fehler oder eben auch «eine andere Trainingsphilosophie». Unumgänglich ist, dass wir beim Einsetzen von KI auch auf unser Wissen, unsere Erfahrungen zurückgreifen und nicht blind vertrauen.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich auch spezifischere Argumente hätte abfragen können und ich weiss auch, dass KI «lernt». Sie ist, was sie isst...