Falsche Prioritäten für kleine Breitensportvereine

Falsche Prioritäten für kleine Breitensportvereine

Sind sie vielleicht Mitglied eines Sportvereines oder sogar wertvolles und engagiertes Vorstandsmitglied? Dann verdienen sie ein grosses Dankeschön von Herzen. Sie wissen, wie wichtig auch in kleinen Vorständen die Organisation ist und manchmal ist es gar nicht einfach, allem gerecht zu werden. Die Statuten stehen vielleicht auch nicht zuoberst auf der To-do- Liste. Sie müssen nämlich für die Trainings für die Kinder und Erwachsenen motivierte und möglichst gut ausgebildete Trainer und Trainerinnen sicherstellen, attraktive Turniere und Wettkämpfe aus dem Boden stampfen. Kuchen für die Buvette backen und den Sponsorenlauf nebenbei bewirtschaften- ach ja und dann noch alles im Ehrenamt. Und nun fordert Swiss Olympic verbindliche Standards in den Verbänden und Vereinen, um unter anderem das Vertrauen in die Sportorganisationen zu stärken. Der etwas ungeheuerliche Begriff «Branchenstandard für den Schweizer Sport», fasst die grundlegenden und wesentlichen Erwartungen an die Sportorganisationen zusammen. Flankiert durch das Ethik-Statut, welches die individuellen Verhaltenspflichten in den Vordergrund stellt. Das alles gehört sich erstmal verdaut Mindestanforderungen hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit kennen wir aus der Berufswelt, um eine Dienstleistung zu gewährleisten. Branchenstandards fördern den Wettbewerb untereinander, bei möglichst gleichen und fairen Voraussetzungen. Natürlich ist eine transparente und ordentliche Organisation auch im kleinen Vereinsvorstand richtig und die meisten Vereine sind ganz vernünftig aufgestellt und erledigen ihre altruistisch motivierte Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen. So besteht unter „Sportlerinnen und Sportlern“ grosse Einigkeit, dass es für internationale und nationale Verbände, mit ihren regionalen Strukturen sinnvoll ist, Vorgaben zu machen. Aber kann der regional geprägte Vereinssport gleich funktionieren wie der freie Markt? Zukünftig gilt eine Geschlechterquote (mind. 40% von beiden Geschlechtern) im Vorstand, was sich als für einige, sehr männlich orientierte Sportarten als sehr hohes Ziel erweist, da auch schon bald die Fristen ablaufen und die Fördergelder in Gefahr kommen, gestrichen zu werden. Ebenfalls muss eine geprüfte Jahresrechnung publiziert werden, was zur Folge hat, dass eine Revisionsstelle in den Statuten verankert werden muss und hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, dass ehrenamtlich geführte Vereine Vorgaben verankern müssen, die Teils nicht einmal in der Wirtschaft gefordert werden. Zu guter Letzt scheint auch die Amtszeitbeschränkung mehreren Verbänden und Vereinen Sorgen zu bereiten. Die Studie Sport Schweiz 2023 untermauert, dass diesem Bereich die Gewinnung von Vorstandsmitgliedern die grösste Herausforderung bei den Vereinen ist. Leider ist zu befürchten, dass mit diesen Vorgaben die Vereine noch mehr belastet werden und bestimmt nicht in diesen kurzen Fristen alles umsetzen können.

Natürlich haben die Betroffenen auch noch Zeit zum nachbessern und ich gehe nicht davon aus, dass dann die Fördergelder sofort fehlen, wenn gut begründet werden kann, wieso ein Verband noch nicht alle Kriterien erfüllen kann. Bei den Vereinen wird dieser Druck aber möglicherweise kontraproduktiv ausfallen. Es ist richtig, dass die Standards anzustreben sind aber will man nun wirklich den Hornusserverein XY abstrafen, wenn sie seit 12 Jahren den gleichen Präsidenten haben und ev. Nur eine Frau im Vorstand sitzt? Ein Verein, der bis Anhin funktioniert hat und Sportförderung betreibt und auch einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leistet? Spannend ist auch, wer kontrolliert mit welchen Ressourcen die Vereine und was, wenn etwas nicht passt. Sanktionen müssten eingeleitet werden. Schädlich für das Vertrauen aller Sportorganisationen wäre, wenn diese dann nicht umgesetzt würden. Ich denke, dass die Messlatte zu hoch ist. Ich zitiere Swiss Olympic: «Sportorganisationen erfüllen vielfältige und wertvolle Aufgaben und profitieren deshalb von öffentlicher und privater Unterstützung. Diese Unterstützungsleistungen sind jedoch an Erwartungen geknüpft: Erwartungen an die gute Organisationsführung, an den Umgang untereinander, im Besonderen mit Minderjährigen, und an Massnahmen zum Schutz der Umwelt». Ich stehe voll und ganz hinter diesem Credo.

Aber der Branchenstandard muss vernünftig und mit Augenmass umgesetzt werden, so haben es auch zahlreiche Vereine und Organisationen in der Vernehmlassungsantwort gefordert.

Liebe Leserinnen und Leser- ich mache mich an die Arbeit und suche Frauen für meinen Vorstand und rechne, ob ich die 40%- Quote erreiche und wenn nicht, muss ich wohl einen Mann aus dem Vorstand schmeissen, um das Verhältnis zu verändern...Bleiben wir pragmatisch und vernünftig. Zusammen schafft das der Sport.