Die Akademisierung des Lehrerberufes hat leider auch im Sport Einzug gehalten. Wer Schulturnen unterrichtet, muss ein vier- bis fünfjähriges, wissenschaftliches Studium absolvieren, wobei leider bei den meisten Institutionen die Praxisausbildung zu kurz kommt. Alleine die Fachhochschule in Magglingen hält am hohen Praxisanteil fest. Die Absolventen und Absolventinnen kriegen trotz praktischer und erziehungswissenschaftlicher Ausbildung mit Bachelordiplom aus bildungspolitischen Gründen keine Lehrbefähigung. Alle angehenden Lehrkräfte müssen generell oder zusätzlich an die Pädagogische Hochschule, ebenfalls ein bildungspolitischer Entscheid. Ich bin einigermassen erstaunt, denn genau in der «Magglingerausbildung» werden mehrere hundert Stunden für angehendes Unterrichten in der Schule vermittelt. Ob der Turnunterricht mit einer Masterqualifikation fachlich gewinnt, wage ich zu bezweifeln.
Hat sich der Turnunterricht in den letzten Jahren so verändert, dass über ein Jahr zusätzlich studiert werden muss, um den Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden? Unsere Gesellschaft hat sich gewandelt, was einen Einfluss auf den Unterrichtsanspruch und somit auf die Ausbildung hat. Im Grundsatz geht es immer noch um das Erwerben von sportlichen Fertigkeiten und um sozialpädagogische Aspekte. Schüler und Schülerinnen sollen lernen, lachen und leisten. Selbstverständlich gehören Erziehungswissenschaften zum Hintergrund einer Sportlehrkraft. Sie helfen die Praxis zu reflektieren und anzupassen. Nicht neu und spätestens seit den 70er-Jahren geniessen Sportstudierende während ihrer Ausbildung diesen Fachbereich. Heute wird der Fokus vermehrt auf den theoretischen Inhalt gesetzt und das zulasten der Praxis. Die Wissenschaft muss aber im Dienste der Praxis stehen und nicht umgekehrt.
Die pädagogische Hochschule hat den Auftrag, angehende Lehrkräfte ganzheitlich auf ihren späteren Beruf vorzubereiten. Mit weniger Sportpraxis ist niemandem geholfen, weder der Lehrkraft, geschweige den Schülern und Schülerinnen. Generalisten haben während ihres Studiums nicht die Möglichkeit, den Bereich Sport so zu vertiefen, wie es früher an der Universität oder aktuell noch in Magglingen der Fall ist. Erziehungsdirektionen wünschen auf Volksschulstufe Generalisten und keine Monofachlehrer. Der Qualitätsanspruch wird aber nach wie vor gefordert und im gleichen Atemzug wird die Sportpraxis an der PH auf ein Minimum reduziert oder kann sogar abgewählt werden. Selbstverständlich darf der Generalist mit Masterabschluss trotzdem in der Turnhalle stehen. Natürlich gibt es auch engagierte Generalisten, die hervorragenden Sportunterricht erteilen, aber eben auch viele, die mit wirbelnden Kindern in der Halle überfordert sind und selber zu wenig Fachkompetenz mitbringen. Ich vertraue mein Kind ungern solchen Lehrkräften an, da ich nicht einmal weiss, ob sie zum Beispiel im Bereich Sicherheit genügend Erfahrung mit sich bringen. Die pädagogi- sche Hochschule ist keine Universität und muss auch nicht einem hochakademischen Anspruch genügen. Sie muss praxisorientiert ausbilden.
Ich hoffe, dass zumindest im Kanton Bern die Bildungspolitiker zukünftig nicht nur von Unterrichtsqualität im Sport sprechen, sondern diese konsequent fordern und sich nicht von schönen Titeln blenden lassen. Das bedingt mehr sportpraktische Ausbildung an der Ausbildungsstätte. Ich wünsche mir erziehungswissenschaftlich und sportpraktisch ausgebildete Lehrkräfte, die mit Herzblut und Mut engagierten Sportunterricht erteilen.